Montag, 31. Mai 2010

Rare, medium or well done?

Dieser Artikel ist vollumfänglich geeignet für Vegetarier und Veganer.

Zur Zeit gibt es einige Themen, die uns Piraten in Diskussionen sehr spalten, andere sind eher witzig-interessant, andere einfach nur provokativ. Ich will hier garnicht auf Beispiele eingehen, mir ist heut ein wenig nach Abstraktion :)

Wenn ein Piratenmitglied eine Idee einbringt, dann ist es gut, daß sie auf Belastbarkeit geprüft wird. Das Wort kommt von "belasten" und es ist für den Ideen-Einbringer sicher eine Belastung, die Idee gegenüber den freiwilligen Revisoren verteidigen zu müssen. Nur am Rande: Das ist schwierig für Menschen, die nicht so selbstsicher agieren und argumentieren können und fällt ein wenig in die Gleichstellungsproblematik rein, aber das soll hier jetzt nicht unser Thema sein.

Wir sind unsere größten Kritiker. Und das ist gut so, denn hier können Ideen auf Herz und Nieren geprüft werden, wir nutzen die Schwarmintelligenz (auch Schwarmdummheit genannt), um auch bei komplexen Themen keinen Aspekt außer Acht zu lassen. Das schützt uns davor, daß wir als Partei am Ende Vorschläge publizieren, die ein halbwegs motivierter Specht sofort zum Einsturz bringen kann, wie es den anderen Parteien immer wieder passiert, wenn sie sich Argumentationen für neue Gesetze aus den Rippen schneiden.

Leider sehen viele Mitpiraten es als ihre Aufgabe an, neue Ideen und Vorschläge nicht nur zu belasten, sondern brechen zu wollen. Ist die Idee prinzipiell eher gut, so werden einfach auch kleinere Kritikpunkte so weit aufgeblasen, daß argumentiert werden kann, die Idee sei völlig unbrauchbar. Das ist sehr schade und hat sicher schon die eine oder andere Idee aus Sorge in den Schubladen von Piraten verschwinden lassen, die sich das garnicht erst antun wollten.

Immerhin: Die Ideen, die diese Hürde überwinden und deren Pate sich dem Belastungstest stellen will, haben doch eine ganz schöne Überlebenschance, wie viele tolle Projekte zeigen, die wir auf die Beine gestellt haben. Wenn die Idee gut genug ist, siegt also der Mut und die Energie der aktiven Piraten letztendlich über die Meinung der unkenden Totreder. Das kann man also noch als basisdemokratischen Prozess ansehen, auch wenn mir wohler wäre, wenn das objektiver ablaufen würde, denn das verbrennt unnötig einen Teil der Energie, die dem Projekt selbst besser getan hätte.

Was aber absolut nicht mehr geht, ist, wenn Ideen kritisiert werden mit "Bullshit!" "hirnrissig" "bescheuert" "Blödsinn" "dämlich" und so weiter und so fort und auch weitaus Schlimmeres, das ich auf meinen Seiten nicht stehen haben möchte. So eine rohe Kommunikation ist in JEDEM Falle fehl am Platz und sehr beschämend! Wir sind eine Partei, die sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat und diese lebt, das bedeutet, unsere Kommunikation ist IMMER gleichzeitig eine Publikation.

Ja, das gilt auch für die Ideen selbst, und wir hatten bisher - weiß das fliegende Spaghettimonster - genug Ideen zu diskutieren, die teils sehr fragwürdig waren. Und ja, auch diese Ideen selbst können uns eine negative Presse einhandeln, wenn sie abstrus genug sind. Aber eins hat die Vergangenheit gezeigt: Die schlimmste negative Presse hat uns das beschert, wie wir mit unliebsamen Themen oder Ideen _innerhalb_ der Partei umgegangen sind.

Die politischen Gegner haben uns nicht zerrissen, weil ein Stefan König vorgeschlagen hat, den Iran zu bombardieren, sondern weil einige Piraten in den schlimmsten Tönen den sofortigen Parteiausschluss gefordert haben, in einem Stil, bei dem man meinen konnte, daß sie eigentlich "sofortige Entkörperlichung" schreiben wollten, es aber im letzten Moment noch korrigiert haben.
Auch der Beginn der Genderdebatte hat uns nur ein klein wenig negative Presse beschert, aber richtig in der Luft zerrissen wurden wir wegen dem, was einige intern zu diesem Thema alles abgesondert haben.

Leute, wir sind eine völlig transparente öffentliche Mitmachpartei für JEDEN! Jeder kann hier mitmachen und Ideen einbringen, ohne studiert zu haben oder anderweitig ein angesehener Experte auf seinem Gebiet zu sein. Das ist unsere Stärke und jeder muß sich darüber im Klaren sein, daß aus diesem Vektor auch Ideen kommen können, die unökonomisch oder nicht umsetzbar sind oder gar gegen unsere Satzung verstoßen. Und diese Ideen müssen nicht mal von Piraten kommen, denn alle Menschen können sich einen Wiki Account erstellen, sich bei den Mailinglisten subscriben und einen Forum Account anlegen und wir können nicht (und ich behaupte: wir wollen auch nicht) verifizieren, ob derjenige wirklich Parteimitglied ist, denn das würde bedeuten, jeden Nicknamen zu einer natürlichen Person mit Echtnamen zuordnen zu können und zu müssen.

Überlegt Euch doch mal, was passiert, wenn einem arbeitslosen Agent Provocateur mal langweilig wird und er auf die Kacke hauen will? Der drückt in der jetzigen Situation nur einmal auf den roten Button, lehnt sich dann zurück und sieht zu, wie wir uns gegenseitig zerfleischen und die Presse und die politischen Gegner sich um unsere Kadaver streiten. Das kann doch nicht wirklich Eure Motivation sein!

Wir sind ein Team und arbeiten zusammen an einem Ziel. Da ist es doch nicht zuviel verlangt, auch bei abstrusen Ideen seine Position mit sachlichen Argumenten objektiv darzulegen. Statt "Bullshit!!! Schwachsinniger Blödsinn!!!" kann man doch genauso sagen "Ich bin der Überzeugung, daß diese Idee unser Aussenbild einer Spaßpartei befeuert. Außerdem sehe ich momentan zu viele Ungereimtheiten und eine offensichtliche Undurchführbarkeit. Ich würde von der Idee lieber Abstand nehmen. Wenn Du der Meinung bist, daß das doch machbar ist, lege ich Dir gerne die Probleme und Gefahren genauer dar, die ich hier sehe."

Ja, es kostet mehr Schreibarbeit und mehr Bandbreite. Aber nur bei der ersten Mail, denn ich habe noch nichts unproduktiveres, langwieriges und nervenzerfetzenderes gesehen als einen Flamewar, der auf so polemische Angriffe regelmäßig erfolgt.

Also liebe Mitpiraten: Ich will meine Kommunikation bitte gut durch, und nicht roh!

Sonntag, 30. Mai 2010

Vorratsdatenspeicherung, die nächste

Und schon wieder wollen die Innenminister von Bund und Ländern die Vorratsdatenspeicherung. Terror ist ein wenig ins Hintertreffen geraten, jetzt solls offen um Kleinstbetrug (eBay) gehen. Und Kinderpornografie darf natürlich nicht fehlen, das Wort, dank dem man jeden Kritiker in die Pädophilie-Schublade stecken kann.

=> Artikel auf heise.de

Und die Lage ist natürlich wieder katastrophal. 60% der Anfragen an Netzbetreiber werden nicht beantwortet, weil die Daten nicht mehr vorliegen. 2007 war diese Quote noch bei 20%.

Ein tolles Argument. Finden die Innenminister.

Ich finde das auch. Denn die Vorratsdatenspeicherung trat am 1. Januar 2008 in Kraft. Daß die Beantwortungsquote 2007 bei 80% lag ist also der schönste Beweis, daß es ohne Vorratsdatenspeicherung ganz prima geht. Danke liebe Innenminister.

Jetzt noch die Frage, woher der Anstieg der nicht beantworteten Anfragen herkommt. Da dieselben Daten mit den selben Rechtsgrundlagen genau so lange verfügbar sind wie vorher, gibt es darauf nur eine Antwort: Die Ermittlungsbehörden haben sich mit der eigenen Terror-Angstmach-Kampagne so mit Arbeit zugeschüttet, für die sie weder ausgebildet sind, noch genügend Mitarbeiter haben, daß die Zeit bis die Anfrage an die Betreiber kommt, extrem viel länger geworden ist.

Und wer hat den massiven Stellenabbau der Ermittlungsbehörden vorangetrieben?

Danke liebe Innenminister, daß ihr Euer Totalversagen so herrlich dokumentiert habt.

Freitag, 14. Mai 2010

Medienpartnerschaftliche Zwangsrekrutierung

Ihr lieben A-Blogger (diesmal auch echt nicht als Schimpfwort benutzt, ich schwör *g*), guckt doch lieber mal, ob ihr nicht schon unwissentlich ein Promotionpartner von Sony seid.

Wie, kann nicht sein, ohne daß ihr nen Vertrag ausgehandelt habt? Nun, seid Euch da mal nicht so sicher. Laut Felix Schwenzel (wirres.net) steht im Pressetext von Sony Music bezüglich dem neuen Fanta4 Album:

MASSIVE PRÄSENZ IN ALLEN RELEVANTEN BLOGS UND FOREN
U.A. SPREEBLICK.COM
NETZPOLITIK.ORG
NERDCORE.DE
BASICTHINKING.DE
CARTA.INFO
STEFAN-NIGGEMEIER.DE/BLOG
STYLESPION.DE

Update: Hier das Foto

Jörg-Olaf Schäfers von netzpolitik.org weiß davon erwartungsgemäß nix und auch von Carta und Stefan Niggemeier kann ich das nicht so wirklich glauben, daß das in deren Sinne und Wissen ist.

Update: Ja, Carta wußte es auch noch nicht

Update: Und Smudo hat selber auch keine Ahnung davon.

Eigentlich ist diese Entwicklung aber eine logische Schlussfolgerung.

Da es ja in den Augen der Contentmafia auch funktioniert, Kunden durch Anzeige und kostenpflichtige Massenabmahnung dazu zu bewegen, wieder die überzogenen Preise für “manchmal gerade noch so erträgliche Seichtunterhaltung aus Massenkünstlerhaltung” zu bezahlen, dann muß es aus der gleichen Logik heraus auch funktionieren, die Promotionpartner kostenlos zwangszurekrutieren.

In diesem Sinne,
Gut Blog!

Dienstag, 11. Mai 2010

Mediales Säbelrasseln? Ja, aber mit Bedacht!

Die PIRATEN müssen die "Offliner" erreichen. Das ist uns allen klar. Auch den Menschen, die nicht always-on leben, können die PIRATEN vieles bieten, denn auch deren Bürgerrechte werden abgebaut. Und seit wir unsere Programme ausbauen, haben wir auch Themen für viele weitere große Wählergruppen.

Wir Piraten bekommen unsere Nachrichten meist durch Newsfilter, Alerts, Freunde im Social Networking Raum, Mailinglisten und vielem mehr immer frisch geliefert. Viele von uns könnten sich ein Leben ohne Internet nicht mehr vorstellen. Doch hier liegt das Problem. Wir müssen uns ein Leben ohne Internet vorstellen können, damit wir begreifen, wie wir die Menschen erreichen, die sich ein Leben ohne Internet sehr gut vorstellen können, oder es gar leben.

Wir brauchen Zeitungen, Radio, Fernsehen, die etablierten Medien. Punkt.

Wir haben in dem Bereich bereits einige große Erfolge erzielt, bei dem gut geplantes und durchdachtes Säbelrasseln uns vor der Bundestagswahl tief in die Köpfe der Menschen gebracht hat, auch weit außerhalb der Netzwerke. Doch diese Planung ist schwierig und wenn man darauf verzichtet, können ungeplante Aktionen sehr schnell nach hinten losgehen.

Ein großes Problem im Bereich "ungeplante Aktionen" sind Privatmeinungen von bekannten Piraten oder Piraten auf wichtigen Posten. Unsere Vorstandsmitglieder sind unsere Kumpels aus Twitter und von Facebook, politisch extrem engagierte Mitstreiter, die erst aufgrund ihrer privaten politischen Meinung die Zustimmung bekommen haben, das Ruder in die Hand zu nehmen und die Meinung der PIRATEN-Basis zu kanalisieren, konsolidieren und damit das Schiff zu steuern. Dennoch haben sie nach wie vor ihre private Meinung und die ist sehr wertvoll, die hat sie und die PIRATEN dorthin gebracht wo wir jetzt sind. Nur jetzt haben sie ein ganz anderes Sprachrohr, was in den Medien - wenn sie es denn schaffen, dort Gehör zu bekommen - ganz anders ankommt.

Viele Piraten verstehen zwar problemlos den Unterschied zwischen Amt und Person, weil sie wissen, daß die Parteimeinung aus der Basis entspringt und daher eine abweichende Privatmeinung eines Vorstandsmitgliedes absolut okay ist und kein Problem darstellt. Aber gerade die alteingesessenen Medien, deren Unterstützung wir brauchen und deren Polemik wir vermeiden müssen, verstehen das nicht. Die Journalisten dort sind die etablierten Parteien gewohnt und daher wird reflexartig gehandelt, als ob die Piratenpartei genauso funktioniert. Das reine Wissen "ja, die machen da was mit Basisdemokratie oder so" ändert daran messbar nichts. Eine andere Meinung bekämen sie erst, wenn sie sich sehr tiefgehend damit befassen würden, aber das macht dort heutzutage leider fast niemand mehr.

Wie ist denn die Funktionsweise der etablierten Parteien? Oben an der Spitze sitzen die Leute mit den großen Köpfen (über deren Inhalt ich hier nicht spekulieren möchte), deren _persönliche_ Meinung top-down die Meinung der Partei _bildet_. Wenn dort oben jemand eine private Meinung sagt, dann ist das die Meinung, die er nach unten vorgeben will. Und wenn er eine entsprechende Position hat, wird er das auch durchsetzen können. Auch problemlos gegen die Ansichten der Basis, falls dem so wäre.

Und über dieses Problem sind wir PIRATEN immer wieder gestolpert, egal ob's um einen Stefan König, oder um eine Genderdebatte, die den Anschein einer offiziellen PM hatte, oder sonstige persönliche Aussagen und Meinungen von Vorständen und Vorstandskandidaten ging. Deren Privatmeinungen sind alle völlig legitim und meiner Meinung nach die treibende Kraft hinter den Personen und daher in den meisten Fällen extrem wünschenswert. Aber alles, was diese gut sichtbaren Personen sagen, wird von den Medien aufgefasst als "Das ist es, was derjenige dann in der Partei durchzusetzen will" und ist gleichzustellen mit "Das sagt die Partei".

In den Augen der etablierten Medien gilt:
Privatmeinung der Vorstände = Parteimeinung

Daher können alle so deutlich wie sie wollen kennzeichnen, daß es ihre Privatmeinung ist, es wird an dem Problem nichts ändern. Die klassischen Journalisten denken sich höchstens ne Sekunde lang "Ähm... ja und? Warum sagt er das so explizit?" und schreiben dann den Artikel, als wäre das ne PM gewesen. Das ist auch der Grund, weshalb viele Mitpiraten von den Aktionen von Stefan König sichtbar angepisst waren, wenn ich das mal untertrieben ausdrücken darf. Nicht, weil er eine private Meinung hat, die teils überhaupt nicht parteikompatibel ist, nein, das ist sowohl legal als auch legitim, sondern weil das außen, egal was man tut, als Parteimeinung aufgefasst wird.

Wir müssen also irgendwie hinbekommen, daß diejenigen, die es interessiert, sofort sehen können, daß bei uns die Meinung unten an der Basis gebildet wird. Die etablierten Medien jedoch müssen ohne Recherche die Aussagen unserer Vorstände immer als das sehen können, was die Partei denkt. Das ist unsere API zu denen, auch wenn es uns zu Recht nicht behagt.

Das ist ein extrem hartes Los für diejenigen Piraten, die motiviert und engagiert teils ihre gesamte Freizeit opfern, um diese Posten zu bekleiden, und dann auch noch in der Öffentlichkeit ihre Privatmeinung hinterm Berg halten müssen. Aber momentan seh ich persönlich keinen anderen Weg dahin. Wir müssen den Medien den einfachsten Weg geben, uns korrekt wahrzunehmen, denn den komplizierten Weg werden sie niemals freiwillig beschreiten.