Donnerstag, 4. März 2010

Anfrage an meinen Abgeordneten zur Grundgesetzestreue

UPDATE: Antwort erhalten, siehe unten.

Heute habe ich meinen Abgeordneten Axel Fischer (Fraktion CDU/CSU) angeschrieben, modernerweise per Email, um ihm Fragen zu stellen, wie Grundrechtsschutz bei der Gesetzesgebung in Zukunft aussehen wird. Ich habe mich dabei ertappt, nicht zu hoffen, daß er A oder B antwortet, nein, sondern, daß er überhaupt antwortet.

Falls es mir erlaubt wird, werde ich die Antwort hier veröffentlichen, oder die Ablehnung der Veröffentlichung kund tun. Oder natürlich das Ausbleiben einer Antwort...

Schreiben aufklappen
Sehr geehrter Herr Fischer,

Am 09.11.2007 haben Sie mit Ihrer Stimme ein Gesetz unterstützt, das vorab von Rechtsexperten als verfassungswidrig eingeschätzt wurde. Wie Sie sich denken können, geht es um das Gesetz, das landläufig als "Vorratsdatenspeicherung" bekannt ist. Entgegen aller Expertenratschläge und dem massiven Protest von Datenschützern und Bürgerrechtlern haben Sie Ihre Zustimmung zu einem Gesetz gegeben, das offensichtlich gegen das deutsche Grundgesetz verstößt.

Es brauchte erst das Bundesverfassungsgericht, um der Politik zu sagen, daß alle Bürgerrechtler, Experten, Datenschützer und besorgte Bürger Recht hatten, daß diese Menschen das ganz Offensichtliche gesehen haben, das viele Politiker, auch Sie, nicht sehen wollten oder konnten.

Ich lebe im Wahlkreis Karlsruhe Land und Sie sind daher ein für mich zuständiger Volksvertreter.

Meine Frage an Sie ist: Was planen Sie zu tun, um sicherzustellen, daß Ihre zukünftigen Entscheidungen nicht nur die Wünsche der Wähler besser beachten, sondern auch, was Sie zu tun gedenken, um zu verhindern, daß Sie zukünftig wieder versehentlich oder absichtlich Entscheidungen treffen, die unser Grundgesetz gefährden oder verletzen.

Was tun Sie, um ein Umdenken der Politik zu erreichen, damit das Bundesverfassungsgericht (und damit das Grundgesetz) nicht mehr der erste Schutz unserer Demokratie und Freiheit sind, sondern der allerletzte, das Netz, das unsere Gesellschaft vor dem denkbar schlimmsten Absturz bewahrt.

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Antwort.

Bitte teilen Sie mir bei Ihrer Antwort mit, ob es mir erlaubt ist, Ihre Nachricht zu veröffentlichen oder nicht. Ich werde Ihre Entscheidung diesbezüglich respektieren.

Mit freundlichen Grüßen




Erstes Update 04.03.2010 15:25 Uhr

Die Beantwortung meiner Frage wurde unter die Prämisse gestellt, daß ich meine gesamte Anschrift angeben müsse, um, so wörtlich, "eindeutig ermittelt" werden zu können.
Voller Name und Wohnort reicht Herrn Fischer nicht aus.

Nachtrag: Hier die Antwort im Wortlaut aufklappen
Sehr geehrter Herr *******,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Bitte beachten Sie, dass E-Mails nur dann bearbeitet werden, wenn die E-Mail mit Namen und Anschrift versehen ist, damit der Absender eindeutig ermittelt werden kann. Bitte teilen Sie die noch fehlenden Angaben mit.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Axel E. Fischer


Was macht der Mann eigentlich, wenn man ihn auf der Straße anspricht? Sich vor Antwort den Ausweis zeigen lassen und die Nummer abschreiben?

Edit: Inzwischen gäbe es natürlich die Möglichkeit, vor der Antwort den RFID Chip des neuen ePerso zu scannen.
Videotipp: Alpha 0.7 - Der Feind in Dir

Ich habe ihn auf die Beiträge seiner Kollegen zur Internet-Enquete verwiesen, wo z.B. Dr. Brandl (CDU) die Daten als "Eigentum der Bürger" bezeichnet und Jens Koeppen (CDU) kritisierte, daß die Bürger viel zu freizügig mit ihren persönlichen Informationen umgehen.

Ich habe ihn daher gebeten, dennoch meine Frage zu beantworten, denn anhand dem vollen Namen und dem Wohnort ist es für ermittelnde Behörden ein leichtes, mich eindeutig zu ermitteln, falls meine Email an Herrn Fischer strafrechtliche Relevanz haben sollte.



Zweites Update 08.03.2010 11:50 Uhr

Ich werde tatsächlich jetzt von Herr Fischer ignoriert. Auf meine zweite Bitte um Antwort kam keine Reaktion mehr. Ich beuge mich dem Druck und habe ihm eben meine komplette Anschrift übermittelt und ihn nochmals aufgefordert, meine Fragen jetzt fundiert und vollständig zu beantworten.



Zwischenmeldung 11.03.2010 17:30 Uhr

Auch nach Angabe der Adresse gibt es keine Reaktion mehr von Herrn Fischer.



Zwischenmeldung 19.03.2010 18:30 Uhr

Nochmals habe ich Herrn Fischer höflich um zügige Beantwortung meiner Anfrage gebeten. Nach wie vor gab es bisher keinerlei Reaktionen (abgesehen von der Aufforderung, meine Anschrift preiszugeben, was ich ja getan habe).



Update 22.03.2010 ANTWORT VON HERRN FISCHER

Endlich, endlich kam eine Antwort. Naja... Es kamen Worte. Freundliche Worte. Aussagekraft? Homöopatisch bis zweifelhaft. Aber urteilt selbst. Da er der Veröffentlichung nicht widersprochen hat, hier alles im Originalzitat:

Schreiben aufklappen
Sehr geehrter Herr *******,

vielen Dank für Ihre Eingabe zum Spannungsfeld Freiheit versus Sicherheit, das unter anderem auch die zukünftige Diskussion der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" zur weiteren Gestaltung der Leitplanken für das Internet prägen wird.

Gerne nehme ich Ihre Anregungen auf und werde sie bei meiner politischen Arbeit auch innerhalb der Enquete-Kommission berücksichtigen.

Sie können sicher sein, dass ich meine Entscheidungen weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen treffen werde, meine Kollegen und ich weiterhin versuchen werden, möglichst vernünftig und zum Wohle des Volkes zu entscheiden, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Axel E. Fischer




Ich lese daraus eigentlich nur: "Halt mal die Luft an, ich mach weiterhin so, wie's mir passt." Und das macht mir gehörig Angst.

Die Chance, gute Ideen zu erwähnen, wie etwa eine obligatorische Prüfung von Gesetzesvorschlägen durch Rechtswissenschaftler hinblicks der Verfassungskonformität, hat er vorbeistreichen lassen und ihr fröhlich hinterhergewunken.



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23 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

„Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“

Ich würde sagen, dass wenn wir Gandhi glauben schenken, dann wäre dies ein eindeutiger Schritt Richtung Sieg.

Nur mal ehrlich Axel Fischer ist sich seiner "Schuld" (in Anführungszeichen weil ich ja nicht weiß ob er es auch so sieht) bewusst.

Das er es nicht zugeben kann ist daher logisch,
Und das er nicht antwortet zeigt ja wohl deutlich das er sich für seine Handlung nicht Rechtfertigen kann.

Ich denke es ist der richtige Weg, ihm weiter diesbezüglich zur Rede stellen zu wollen, er kann der Antwort ja nicht ewig davon laufen.

Sleeksorrow hat gesagt…

mhm. Ich habe ja im Grunde von Anfang an damit gerechnet, von einem Unionspolitiker, auch trotz Bundestagsmandats und Internet-Enquete Vorsitz(?), keine Antwort zu bekommen. Das, was in meinen Augen die absolute Krönung ist, ist, daß er erst meine Adresse haben will, und dann erst entscheidet, daß er nicht antworten will. Er hatte bereits bei der ersten Mail alle infos, um dies zu entscheiden.

Jedoch ist meine Theorie, daß er damit Überwachungsdruck erzeugen wollte, in der Hoffnung, daß ich die Anforderung nicht erfüllen will und er damit eine Rechtfertigung für das Ausbleiben der Antwort hat. Diese Chance habe ich ihm genommen, als ich die Adresse genannt habe. Jetzt sitzt er in der Falle.

Pirat 2180 hat gesagt…

Herr Fischer benimmt sich wie man es von einem CDU-Politiker aus dem Süden nach der Wahl gewohnt ist: Arrogant und selbstgefällig. Blöde Sache, daß man erst Wählerstimmen gewinnen muß um an eine so coole Domain in der E-Mail Adresse zu kommen. Ich habe auf Tauss's Blog die Sache mit der Adresse gesehen und es selber kaum geglaubt. Ich bin mal gespannt wie sich der Herr auf Abgeordnetenwatch verhält.
Da haben die Bruchsaler und Schwetzinger wohl wieder das Parteibuch gewählt und nicht dem Abgeordneten.
Meine Frage als Wähler auf die Urteile zu Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung des Verfassungsgerichts sowie den Ausfällen von Herrn "Verfassungsminister" Schäuble und Herrn Bosbach nach der Flachpfeifenaffäre: Wann wird die CDU eigentlich vom Verfassungsschutz überwacht?

Sleeksorrow hat gesagt…

Auf Abgeordnetenwatch verschließt Axel E. Fischer sich sowieso komplett und verweigert sich dem Vorteil des Internets damit.

Interessantes Verhalten für den Vorstand der Internet-Enquete.

UK hat gesagt…

Leute mit einem "E." im Namen sind _immer_ plumpe Trolle, siehe "Alfred E. Neumann". Ignorieren hilft.

F. hat gesagt…

Vielen Dank fuer Ihre Anfrage. Wir bitten um Verstaendnis, dass wir Ihr Mail lediglich mit Standard-Floskeln beantworten konnten. Des weiteren wurden Ihre Kontaktdaten an den Verfassungsschnutz weitergeleitet. Wie Sie sicherlich wissen, gefaehrdet kritisches Nachfragen und selbststaendiges Denken die Demokratie. Ein solches Verhalten koennen wir nicht tolerieren.

Sollten Sie weitere Fragen haben, werden meine Mitarbeiter diese nur dann beantworten, wenn Sie handgeschrieben und per Post zugesandt werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Sie anhand der Handschriften-Probe und der vom Briefpapier abgenommenen Fingerabdruecken eindeutig ermittelt werden koennen. Vergessen Sie nicht, die Marke eigenhaendig abzulecken, damit wir Ihren Datensatz auch mit Ihrer DNA ergaenzen koennen.

gez.
F.

Eugen hat gesagt…

naja das "Antwortschreiben" klingt für mich eher nach Standardtext eines Serienbriefs, aber letzt endlich meint er natürlich damit auch das Selbe wie du bereits gesagt hast =)

Paul hat gesagt…

Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht mit der "Antwortfreudigkeit" von Politikern:

http://www.cbcity.de/politikverdrossenheit

Es wird ja oft die Politikverdrossenheit propagiert, im entscheidenden Augenblick allerdings alles dafür getan, dass sich niemand einmischen soll.

Alex hat gesagt…

Hat er Dir wenigstens auch seine eigene persönliche Anschrift geschickt? Oder ist das wieder so einer, der zwar einfordert, sich selbst aber davon ausnimmt?

dot tilde dot hat gesagt…

ob herr fischer bei wahlkampfveranstaltungen in der fußgängerzone auch nur mit menschen spricht, die er klar ermittelt hat?

.~.

Sleeksorrow hat gesagt…

LOL Danke, you made my day :)

Sleeksorrow hat gesagt…

Selbstverständlich gibt es eine persönliche Anschrift von Axel E. Fischer.

Axel E. Fischer MdB
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin

;)

Sleeksorrow hat gesagt…

Darüber habe ich mir bereits heute früh nach dem Aufstehen Gedanken gemacht:
http://twitter.com/sleeksorrow/status/4063796872093696

Hagen hat gesagt…

Typisch CDU.

Phaidros52 hat gesagt…

Das ist nur die Anschrift in Berlin.
Notwendig wäre seine Privatanschrift zu veröffentlichen. Die hat er ja auch von dir verlangt und nicht die Anschrift deines Arbeitgebers.
Außerdem würde ich ihn jetzt nochmal anschreiben und die Löschung deiner persönlichen Daten verlagen (mit Bestätigungs-Mail).

Rebs hat gesagt…

Hm, ich hätte zurück geschrieben, dass ich seine Antwort E-Mail so lange ignoriere, bzw. mit eine Antwort auf die Antwort warten müsse, bis er mir auch seine volle Adresse nennt...oder steht die etwa drin?

Sleeksorrow hat gesagt…

Ja, die Anschrift im Bundestag war sarkastisch gedacht ;) Die Idee mit der Aufforderung zur Löschung der Daten hat was, das muß ich zugeben. *ponder*

Sleeksorrow hat gesagt…

Nein, seine Privatanschrift stand natürlich nicht dabei :) Deine Idee scheitert vermutlich an einem Faktor, nämlich, daß es dem Herrn Fischer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit völlig an der südlichen Hemisphäre vorbeigeht, ob ich zu seiner Antwort noch was zu sagen habe oder nicht ;)

Fertig hat gesagt…

Naja, ist doch nur logisch, dass Herr Phischer Deine vollständige Anschrift haben will. Er muss doch wissen, wo er in 5 Jahren die Neo-Gestapo hinschicken muss. Immerhin ist die CDU ja modern und lernfähig - wenn sowas wie die Weiße Rose nochmal passiert, das wäre ja peinlich...

Bite_me hat gesagt…

"Nach bestem Wissen und Gewissen" - beides scheint der Herr nicht zu haben,
sonstwürde er nicht solchen Müll von sich geben.

Sleeksorrow hat gesagt…

Nicht böse sein, aber das ist mir ein wenig zu heftig, drum ein Wort entfernt. Danke fürs Verständnis!

Ano hat gesagt…

Es ist schon erstaunlich, wie dieser saubere Herr Fischer uns hier aus der Anonymität heraus in arroganter Gutsherrenart regiert und selbst fein im Hintergrund sitzt. Wo wohnt er denn, der feine Herr?
Ich fordere die Aufhebung der Anonymität für Bundestargsabgeordnete.

Sleeksorrow hat gesagt…

Hallo Max, Deine Meinung sei Dir hier völlig unbenommen, da darfst Du ganz sicher sein. Aber nur daß ich auch sicher bin, Dich richtig zu verstehen: Du findest es respektvoll, einen Standardtext ohne Aussagekraft erst zu senden, wenn Du Deinen Wähler via Zermürbung über 18 Tage hinweg gezwungen hast, mit seinen persönlichen Daten einen Striptease zu machen?

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