Meine Damen und Herren,
heute möchte ich Ihnen das Räumfahrzeug vorstellen.
Dieses possierliche kleine Tierchen erkennt man schnell an seiner orangen Warnfärbung und der signifikanten Schaufelnase. Die Hautfärbung ist ein klassisches Mimikri, das Räumfahrzeug ist völlig wehr- und harmlos.
Sein Lebensraum ist von jeher der Innenraum deutscher Großstädte. Es ist sehr einzelgängerisch und benötigt ein großes Revier, so dass selbst große Innenstädte wie München, Karlsruhe oder Berlin nicht mehr als 6-7 Räumfahrzeugen eine Heimat bieten können.
Das Räumfahrzeug ist ein sehr sehr scheues Lebewesen. In seinem Revier kann man meist nur seine Spuren erkennen, nur wenige sehen es auf seiner morgendlichen Nahrungssuche.
Außerhalb ihres Revieres sind diese scheuen Tierchen praktisch nicht anzutreffen. Nur im größten Notfall, bei lebensbedrohlichem Nahrungsmangel, begeben sie sich über ihre Reviergrenzen. Nur wenige Menschen haben im ländlichen Raum je ein Räumfahrzeug gesehen, und die wenigen Wissenschaftler, denen dies gelang, berichten einhellig von stark verängstigten Exemplaren, die mit panisch hochgezogener Schaufel über die geschlossene Schneedecke huschen, so schnell es ihre kleinen Füßchen erlauben. Dabei versuchen sie, ihr Salz bei sich zu behalten, was ihnen manchmal jedoch nicht gelang.
Warum diese Wesen nur bei Schnee und Eis ihre höhlenartigen Behausungen verlassen, ist indes noch ungeklärt. Sie scheinen sich in solchem Wetter sichtlich unwohl zu fühlen. Man vermutet, dass sie bei solchem Wetter Angst um ihre Nahrungsvorräte bekommen und sie schnellstmöglich retten wollen. Nun, nicht jeder hat den Vorteil unserer Zivilisation, auf einen zuverlässigen Wetterbericht zurückgreifen zu können. Das Räumfahrzeug hat diese Möglichkeit offensichtlich nicht.
Sämtliche Versuche, den Artbestand des Räumfahrzeugs zu vergrößern sind bis heute fehlgeschlagen. Eine Krankheit namens "Budgetis Aufgebrauchtis" hält die Anzahl der Exemplare konstant auf kritisch niedrigem Niveau. Tendenz leider merklich fallend.
Hoffen wir, daß diese Art uns dennoch einige Zeit lang erhalten bleibt, und wir sie unseren Kindern nicht lediglich im Museum zeigen können.
Mit dieser traurigen Aussicht verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
Sleeksorrow Grzimek