Das Ergebnis davon möchte ich versuchen, hier in hoffentlich nicht so missverständliche Worte zu fassen. Auch den Personenbezug kann ich entfernen, denn meine Erkenntnis hat für mich Gültigkeit über Einzelpersonen hinaus.
Für mich bedingt es, daß ein Politiker 2.0, wie wir sie ja in meinen Augen haben wollen, das Web 2.0 benutzt. Das gehört für mich einfach fest zusammen, auch wenn Politik 2.0 darüber weit weit hinaus geht.
Wenn ein Politiker also seine Meinung veröffentlicht, dann ist für mich das Web 2.0 dazu da, daß ich genau dort interagieren kann.
- Ist es ein Tweet, kann ich direkt antworten. Jemand, der den Tweet des Politikers sieht, sieht auch meine Antwort.
- Ist es ein Blogpost, kann ich direkt darunter antworten. Jemand, der den Blogpost des Politikers liest, sieht darunter meine Antwort.
Ein Politiker, der in seinem Blog die Kommentare schließt, verschließt sich daher dem Web 2.0 und damit der Politik 2.0. Das widerspricht meinem Politik- und Politikerverständnis, das ich haben möchte, und ich lehne solche Politiker ab.
Mir ist völlig klar, daß es massenweise Gründe gibt, das Web 2.0 stellenweise auszuknipsen. Mobbing, Shitstorms, Diffamierungen, Falschaussagen, wir alle kennen hunderte Gründe, das zu tun. An einen Politiker 2.0 lege ich jedoch den Anspruch, dem Mobbing nicht nachzugeben und andere Wege zu finden, ohne die direkte Interaktion einfach abzuschalten.
Ein anderer Aspekt ist natürlich auch, daß ein viel beschäftigter Politiker nicht 20 Kanäle bedienen kann. Dem jedoch möchte ich entgegen stellen, daß es hier nur um die Interaktion geht. Nur da, wo der Politiker veröffentlicht, ist eine Interaktion möglich. Damit hat der Politiker die volle Kontrolle, wie viele Kanäle er bedienen will. Will er nicht 20 Kanäle bedienen, muß er nur nicht auf 20 Kanälen publizieren.
Wenn ich unter der Publikation des Politikers nicht antworten kann, ist das natürlich weder Zensur, noch Beschneidung der Meinungsfreiheit, noch ungesetzlich, noch sonst irgend so ein Blödsinn. Das ist sein Blog, sein Hausrecht, seine Entscheidung. Es geht hier nur darum, was das für mich persönlich bedeutet, wenn er das so handhabt.
Ich habe natürlich weiterhin noch viele Möglichkeiten, mich öffentlich zu artikulieren, und zu den Aussagen des Politikers Stellung zu nehmen. Ich kann twittern, ich kann einen eigenen Blogpost schreiben etc.pp. Aber die direkte Interaktion ist dabei nicht mehr vorhanden, und damit ist es nicht mehr das Web 2.0.
Das ist vielmehr vergleichbar mit einem Zeitungsartikel, in dem ein Politiker seine Meinung veröffentlicht, und zu dem meine Antwort als Leserbrief in der nächsten Ausgabe abgedruckt wird. Es fehlt die direkte Verbindung vom Leser des Originalartikels zu meiner Antwort darauf.
Und selbstverständlich ist es völlig legitim, wenn jemand für sich entscheidet, daß stellenweise Politik 1.0 kein Problem ist. Daher beginnt der Titel dieses Artikels mit "IMHO".